Erste Aktion

Aktion “Hüllen für Chile” - Ostern


Viele Freunde aus aller Welt haben unsere Aktion “Hüllen für Chile” grosszügig unterstützt. Wir wollen berichten, wie unsere erste Arbeit in Itahue war und wie es weitergehen soll.

Vom 2. bis zum 4. April (Osterwochenende) waren wir im Süden und haben mit drei Dörfern (Itahue, Puente Alto und Cerrillos Bascuñán, Molina) von der Vll. Region in Chile gearbeitet. Es kamen 160 begeisterte freiwillige Mitarbeiter, die bereit waren, mit den Opfern des Erdbebens vom 29. Februar 2010 zu arbeiten.

Wir konnten Vieles leisten und doch scheint es so wenig, wenn man auf die ganze Vernichtung schaut. Die drei Dörfer haben zusammen 2800 Einwohner. 182 Häusser kann man nicht mehr gebrauchen. Es gibt auch viel Armut im Ort. Es ist ein ländlicher Ort, wo viele Menschen zum Beispiel Gelegenheitsarbeiten in der Apfelernte leisten.

Hier ein kurzer Bericht von unsere Aktion:

Medizinisch: es kamen 12 anthroposophische Ärzte. Man hat mit anthroposophischer Medizin für das ganze Dorf gearbeitet. Es war übervoll von Patienten. Viele (oder fast alle) hatten Shockerlebnisse und ihre Folgen. Sie konnten eine Stunde lange Sprechstunden haben, was sie noch nie erlebt hatten, denn in das Dorf kommt ein Arzt, ein Morgen in der Woche, und wenn man Glück hat, bekommt man eine Sprechstunde die zehn bis fünfzehn Minuten dauert. Man konnte den Patienten anthroposophische Arzneimittel geben, dank dass die drei Apotheken, die in Santiago mit anthroposophischer Medizin arbeiten, uns eine Spende gemacht hatten. Ein Arzt hat alle Patienten vom Dorf besucht, die nicht aufstehen können.

Rhythmische Massage, Einreibungen und Wickel: viele Patienten haben diese wohltuenden Behandlungen bekommen. Es haben fünf Pflegerinnen und Masseusinnen mitgemacht. Die Patienten bekamen damit eine menschliche, heilende Hülle, wie sie sie noch nie erlebt hatten. Eine Frau sagte: „Ach Massage! Ich habe das mal im Fernsehen kennengelert, aber ich hätte nie gedacht, dass ich in meinem Leben eine Massage bekomme!“ Der verkrampfte Schmerz konnte sich jetzt unter pflegenden, liebevollen Händen auflösen, die Tränen erschienen dann, aber es waren auch Tränen der Dankbarkeit, weil andere Menschen bereit waren, ihr Schicksal zu teilen.

Arbeit mit Babys: es wurde eine fachliche Arbeit mit Babys, nach Emmi Pikler, gemacht, die zusammen mit der medizinischen Behandlung angeboten wurde. Ganz wichtig für die Zukunft dieser kleinen Menschenwesen!

Psychotherapie: es kamen 18 Psychologen, die schon eine Beziehung zur Anthroposophie hatten. Sie haben eine therapeutische Arbeit geleistet, auf die die Menschen “Hunger” hatten. Es gab sechs Zelte, in denen ständig Patienten behandelt wurden. Viele Therapeuten sind auch direkt in die Häuser gegangen, denn viele Menschen sind so verängstigt oder depressiv, dass sie das Haus nicht verlassen können.

Ältere Menschen: eine sehr erfahrene Psychotherapeutin hat mit ihnen eine Gesprächsgruppe durchgeführt. Man wird diese Arbeit weiterpflegen, damit diese Menschen mit den Schätzen der lokalen Kultur arbeiten können und diese später an junge Menschen weitergeben können.

Die gesamte therapeutische Arbeit wirkte wie ein Wunder, nicht nur auf die Patienten, sondern auch auf uns selbst. Wir haben das Ideelle der Medizin und Therapie erleben können, so wie man es in der frühen Jugend nur träumen kann. So eine tiefe, harmonische und menschlich reiche Arbeit haben wir in dem “reichen Santiago” nie erreichen können.

Pädagogik: Man hat in Altersgruppen mit Kindern von drei bis siebzehn Jahren gearbeitet. Es kamen 22 Waldorflehrer und Menschen, die bei der pädagogischen Arbeit mithelfen wollten (auch viele Waldorfschüler). Man konnte die heilende Wirkung von Märchen, rhythmischen Spiele usw. in den ehrfurchtsvollen Kindergesichtern beobachten. Diese Kinder sind, trotz der tiefen Verletzung, grundsätzlich viel gesünder als unsere Stadtkinder. Parallel dazu machte man eine Arbeit mit Müttern, die kleine Wollvierecke (die von den Waldorfschülern in Santiago gestrickt worden waren) zusammengenäht haben und wunderschöne Decken entstehen liessen. Sie haben auch einfache Waldorfpuppen gemacht und Osterzöpfe gebacken. Es wurde ein Osterfest für die Kinder organisiert, mit Ostermärchen und einem Frühstück, bei dem sie “das rote Ei” aus dem Märchen in einem Nestchen auf dem Tisch hatten. Es gingen auch Waldorflehrerinnen in die Häuser, um die Kinder aufzusuchen, die nicht aus dem Haus gehen wollten.

Materielle Hilfe: wir haben zwei sehr grosse, vollgepackte Lastwagen mitgebracht. Es gab eine besondere Gruppe, die während der drei Tage diese Hilfe ganz gezielt (mit Hilfe der „Anführer“ in den Dörfern) den Familien persönlich übergab. Wir überreichten fünfzig vollständige Betten, warme Bettwäsche für hundert Menschen und Geschirr für hundert Familien. Wir teilten auch viele Kleidungsstücke und Spielzeuge aus, die wir für unsere Aktion geschenkt bekommen hatten.

Bau: ein Architekt hat ein Modell für ein Häuschen entworfen und den Bau dirigiert. Es kamen drei Baumeister mit uns mit, und sechs weitere Baumeister vom Ort haben mitgearbeitet. Viele freiwillige Menschen von unserer Aktion haben auch aktiv an dieser physisch anstrengenden Arbeit teilgenommen. Wir haben auch das ganze Material aus Santiago mitgebracht. Die Menschen haben unermüdlich gearbeitet und es wurden sechs kleine, aber sehr stabile Wohnungen gebaut, mit Küche und Badezimmer. Die betroffenen Menschen, die keine Unterkunft hatten, konnten es kaum glauben. Andere Menschen haben den Opfern geholfen, Trümmer zu entfernen oder Ziegel zu retten von den Häusern, die demoliert werden müssen.

Am letzten Abend hat das ganze Dorf an der katholischen Ostermesse teilgenommen, wo wir (Hüllen für Chile) mehrmals genannt wurden. Danach hat das Dorf ein Fest für uns gemacht. Wir konnten es kaum glauben, wie dort dankbare Menschen waren, die ihre Häuser oder sogar Familienmitglieder verloren hatten, und trotzdem noch Kraft hatten, um in so einer Weise dankeschön sagen zu können.

Wir haben dort viel geschaffen, aber wir kehrten von den intensiven Erlebnissen seelich–geistig sehr bereichert nach Santiago zurück. Die menschlichen Verbindungen die zwischen uns und den Menschen von Itahue enstanden sind, sind Herzensschätze, sind Lichtfaden, die wirklich geistige Zukunft enthalten.

Wir werden mindestens bis Weihnachten weiter in Itahue arbeiten. Unsere nächste Aktion wird am 1. und 2. Mai stattfinden. Wir brauchen dafür ihre finanzielle Unterstützung. Wir wollen mit der pädagogischen Arbeit weitermachen (da braucht man immer Materialien), weitere Medikamente kaufen (denn die können nicht ewig gespendet werden), noch mehr Betten vergeben und weitere Häuschen bauen. Zum Beispiel haben wir „zufällig“ eine alte gelähmte Frau gesehen, die ihren Körper auf dem Boden rumschleift, weil sie sich keinen Rollstuhl leisten kann. Das ist keine Erdbebenfolge, das ist Armut, aber so ein Leid kann man nicht zulassen - die menschliche Würde ist unser Beweggrund. Wir wollen dieser Frau einen Rollstuhl schenken.
Bitte Helfen sie uns. Nur so können wir weiterhelfen, menschliche Hüllen aufzubauen.